Langzeitdaten zeigen: Checkpoint-Inhibition erhöht bei Lungenkrebs (NSCLC) die Heilungschancen nach Radiochemotherapie

Die kürzlich publizierten 5-Jahres-Daten der PACIFIC-Studie [1] zeigen für Patientinnen und Patienten mit inoperablem Lungenkrebs (NSCLC im Stadium III) eine signifikante und anhaltende Verbesserung des Überlebens von median eineinhalb Jahren, wenn sie nach der Vorbehandlung mit einer Strahlenchemotherapie das immunmodulierende Medikament Durvalumab, einen sogenannten Checkpoint-Inhibitor, erhalten. Dieses Vorgehen setzt definitiv einen neuen Standard bei fortgeschrittenem nicht kleinzelligem Lungenkrebs und gibt Patientinnen und Patienten mit dieser schweren Krankheit neue Hoffnung.

Über 40.000 Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr an Lungenkrebs. Bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) im Stadium III, das nicht durch eine Operation behandelbar ist, bleiben dennoch gute Möglichkeiten, das Fortschreiten der Erkrankung zumindest deutlich zu verlangsamen; auch Heilungen sind noch möglich. Dabei kommt der alleinigen sogenannten definitiven Strahlentherapie eine wichtige Bedeutung zu, da mit modernsten Techniken die Atembeweglichkeit und im Behandlungsverlauf das Ansprechen des Tumors auf die Bestrahlung bzw. die Abnahme des Tumorvolumens berücksichtigt und die Therapie angepasst werden kann. So kann gesichert werden, dass der Tumor immer mit maximaler Dosis bestrahlt, aber das umliegende gesunde Gewebe bestmöglich geschont wird. Oft wird die Strahlentherapie mit einer Chemotherapie kombiniert. Hier kommt ein doppelt positiver Effekt zum Tragen: Zum einen zerstört die Strahlentherapie selbst das Tumorgewebe, zum anderen steigert sie das Ansprechen der Krebszellen auf die Chemo- bzw. eine Immuntherapie.

Vor einigen Jahren sorgte die PACIFIC-Studie [2] für Aufsehen, in der das progressionsfreie Patientenüberleben nach einer kombinierten Strahlenchemotherapie durch eine anschließende Immuntherapie mit Durvalumab, einem sogenannten Checkpoint-Inhibitor, signifikant verbessert wurde. Die prospektive, doppelblind-randomisierte, placebokontrollierte, globale Phase-III-Studie hatte 713 Patientinnen und Patienten mit inoperablem, lokal fortgeschrittenem NSCLC Stadium III (ohne Progredienz nach definitiver Radiochemotherapie von mindestens 2 Zyklen) eingeschlossen. 1–42 Tage nach der Radiochemotherapie erhielten 476 Patientinnen und Patienten über 12 Monate Durvalumab i.v. und 237 Placebo (2 : 1-Randomisierung). Gegenüber der Placebobehandlung verlängerte Durvalumab bei akzeptablem Sicherheitsprofil das Gesamtüberleben um 32 % und das progressionsfreie Überleben um 48 %.
Nach diesen Ergebnissen wurde Durvalumab (nach dem PACIFIC-Regime) bereits als Standard bei nicht operablem NSCLC im Stadium III nach der Radiochemotherapie etabliert.

Jetzt, fünf 5 Jahre nachdem die letzte Patientin/der letzte Patient der PACIFIC-Studie randomisiert wurde, ist eine aktualisierte Analyse der Überlebensdaten publiziert worden [1]: Es konnte sowohl ein anhaltender Überlebensvorteil als auch Progressionsfreiheit bestätigt werden: 42,9 % der Patienten waren unter Durvalumab nach fünf Jahren noch am Leben (gegenüber 33,4 % unter Placebo); bei ca. einem Drittel gab es auch keine Tumorprogredienz (gegenüber 19 % unter Placebo). Insgesamt senkte Durvalumab das Sterberisiko um 31 % (HR 0,69); nach 12, 24 und 36 Monaten betrugen die Überlebensraten mit Durvalumab 83,1 %, 66,3 % und 57,0 % gegenüber 74,6 %, 55,3 % und 43,5 % mit Placebo. Die mediane Überlebensdauer stieg durch Durvalumab von 29,1 auf 47,5 Monate. „Das sind 18 Monate mehr, diese Ergebnisse setzen ganz neue Benchmarks in diesem Setting“, erläutert Prof. Dr. med. Daniel Zips, Radioonkologe des CCC Tübingen-Stuttgart. „Solche Behandlungsergebnisse bei einer so häufigen Krebserkrankung, die oft schwierig zu behandeln ist, sind klinisch ein enormer Fortschritt. Es wird nicht nur die Remission viel länger erhalten als bisher, sondern auch neue Heilungsaussichten geschaffen.“

Der Experte sieht hier einen Paradigmenwechsel in der Therapie des fortgeschrittenen Lungenkrebses und vermutet einen Klasseneffekt der Checkpoint-Inhibitoren. Wichtige Säule bleibt dabei die Radiotherapie. „Die Bestrahlung macht die Tumorzellen erst besonders empfindlich gegen den Antikörper und ist daher unverzichtbarer Bestandteil des neuen Therapiestandards.“

Für die Behandlung mit Durvalumab ist eine PD-L1-Testung des Tumors notwendig. PD-L1 („programmed death-ligand 1“) ist ein Biomarker bzw. ein Protein auf Zelloberflächen, das Durvalumab inhibiert. Der Test ist an Tumorgewebe mit einer einfachen Färbetechnik praktisch in jedem histologischen Labor durchführbar. Er war in der Studie noch nicht vorgeschrieben, wurde auch bei 37 % der Studienteilnehmer nicht vorab durchgeführt. „Das hatte das positive Studienergebnis sogar noch verwässert, denn die Post-hoc-Analyse der Daten zeigte, dass die Therapie bei PD-L1-positiven Patientinnen und Patienten noch wirksamer war, aber bei den PD-L1-negativen kaum wirkte.“ Die Zulassung von Durvalumab sieht die PD-L1-Testung vor Therapieinitiierung vor. Die Radiochemotherapie plus Gabe von Durvalumab wird nun auch in früheren Tumorstadien untersucht [3].

 

Literatur
[1] de Wit M, Spigel DR, Faivre-Finn C et al. 5-Jahres-Überlebensdaten von Durvalumab nach Chemoradiotherapie bei inoperablem NSCLC im Stadium III – ein Update der PACIFIC-Studie. 2021
[2] Antonia SJ, Villegas A, Daniel D et al. Durvalumab after Chemoradiotherapy in Stage III Non-Small-Cell Lung Cancer. N Engl J Med 2017; 377 (20): 1919-29
[3] Melillo G, Chand V, Yovine A, Gupta A, Massacesi C. Curative-intent treatment with durvalumab in early-stage cancers. Adv Ther 2021; 38: 2759-78  https://doi.org/10.1007/s12325-021-01675-0

 

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