Radioonkologie 2030 – innovativ, im Team, präzise, personalisiert und menschlich

Die junge DEGRO (jDEGRO) hat zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Akademische Radioonkologie (AKRO) eine Zukunftsvision für das Fach entwickelt und mit den Vorständen der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO), der Deutschen Gesellschaft für Biologische Strahlenforschung (DeGBS), der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP), dem Berufsverband der Deutschen Strahlentherapeuten e.V. (BVDST) und der Arbeitsgemeinschaft Radiologische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (ARO) kommentiert. Ein Paper wurde publiziert, derzeit wird daran gearbeitet, die vorgeschlagenen Maßnahmen zu implementieren. Erste Meilensteine wurden bereits erreicht.

Ende 2019 haben sich Mitglieder der AKRO und jDEGRO erstmals zu einem Zukunftsvisionstreffen zusammengefunden. Im Ergebnis des Treffens wurde die gemeinsame Zukunftsvision „Innovative Radioonkologie im Team – präzise, personalisiert, menschlich“ der Strahlentherapie & Radioonkologie in Deutschland formuliert. Basierend auf den gesammelten Ideen und Ergebnissen des Treffens wurde von der jDEGRO-Alumnigruppe eine Interpretation der Zukunftsvision inkl. Ableitung einer Programmatik in Manuskriptform erstellt. Diese wurde unter den Teilnehmern des besagten Zukunftsvisionstreffens konsentiert und abschließend von den Vorständen der DEGRO, DeGBS, DGMP,
BVDST und ARO kommentiert. Die englischsprachige Version wurde 2021 veröffentlicht [Krug et al., Strahlenther Onkol 2021; 197:1043-1048].

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens charakterisieren die Radioonkologie 2030 mit fünf Attributen: innovativ, im Team, präzise, personalisiert und menschlich. Bei zwei weiteren Treffen (September 2021 und März 2022) wurde die Priorisierung und Umsetzung von Maßnahmen durch verschieden Arbeitsgruppen besprochen, um das Fach zukunftsfähig zu gestalten.

1. Innovative Radionkologie – Definition und Maßnahmen

Die Innovation des Fachs wird maßgeblich durch die präklinische Forschung sowie multimodale und
praxisrelevante klinische Studien getrieben. Ziel ist die Entwicklung individualisierter Therapiekonzepte, sowie die Identifizierung neuer Indikationen. Die grundlegende Frage, um dieses Ziel zu erreichen, lautet also: Wie kann die Forschungsaktivität in der Radioonkologie weiter gestärkt werden? Die Gruppe schlägt vor, ein sog. „Medical/Clinician Scientist Programm“ speziell für die Radioonkologie zu etablieren. Solche Programme sehen eine Freistellung (i. d. R. etwa 50%) von der ärztlichen (Routine-)Tätigkeit vor und schaffen dadurch die erforderlichen Freiräume für die Forschung. Des Weiteren soll eine stärkere Präsenz der Radioonkologie in Gremien der Forschungsförderung angestrebt und innovative Studienkonzepte entwickelt werden.

2. Radioonkologie im Team – Definition und Maßnahmen

Die Radioonkologie wird 2030 stärker vernetzt sein – fachintern, fachübergreifend (z.B. mit politischen oder regulatorischen Institutionen, aber auch anderen medizinischen Fächern) und sektorenübergreifend.
Wie kann das gelingen? Die Gruppe schlägt vor, die sektorenübergreifende Zusammenarbeit durch strahlentherapeutische Verbünde zu stärken. Außerdem soll bis 2030 eine zertifizierte, interdisziplinär angelegte Fortbildungsreihe entstehen. Um die Öffentlichkeit, auch die politische Öffentlichkeit, also die Gesundheits- und Standespolitik, zu erreichen, soll eine kontinuierliche Imagekampagne angestoßen werden.

3. Präzise Radioonkologie – Definition und Maßnahmen

Bis 2030 ist eine auf Biologie und Bildgebung basierende Präzisionsstrahlentherapie der Therapiestandard. Jede Patientin/jeder Patient sollte Zugang zu Hochpräzisionstechnologien erhalten. Gleichzeitig soll eine präzise Erfassung applizierter Therapien und Therapieergebnisse erfolgen, die für die Versorgungsforschung zur Verfügung stehen.

Wie lassen sich diese Anforderung an die Versorgung flächendeckend umsetzen? Die wenigsten Menschen wissen, was im Bereich der Strahlentherapie technisch bereits möglich ist. Die Öffentlichkeit, aber auch politische Entscheider, müssen über die Möglichkeiten und Vorteile der Präzisionstechnologie informiert werden. Das kann über Imagekampagnen und eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit erfolgen. Auch die Vorteile von Registern für die Weiterentwicklung der Therapie zum Wohle der Betroffene sind herauszustellen.

4. Personalisierte Radioonkologie – Definition und Maßnahmen

Bis 2030 sollen prädiktive Biomarker für die Strahlentherapie verfügbar sein, die Aufschluss über das
Therapieansprechen geben und letztlich sogar „real-life“-Dosisanpassungen (unter laufender Therapie) ermöglichen. Bei der Planung und Durchführung der Therapie soll die Patientensicht und die Auswirkungen auf die Lebensqualität stärker Berücksichtigung finden („shared decision making“/PROs). Erreicht werden können diese Ziele durch Stärkung und Vernetzung der Forschung (siehe 1. und 2.) und eine verstärkte Patientenansprache (siehe 5.).

5. Menschliche Radioonkologie – Definition und Maßnahmen
Die Radioonkologie stellt bereits jetzt die Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt ihres Handelns. Ein wesentliches Ziel ist die stärkere Befähigung und Einbindung der Betroffenen in Therapieentscheidungen. Dafür möchte die DEGRO aktiv auf Patientenverbände und Selbsthilfeorganisationen zugehen. Geplant ist auch ein regelmäßiges Austauschforum auf dem Jahreskongress. Der Kongress 2022 in Stuttgart stellt einen ersten Meilenstein dar.

Ein weiterer Aspekt einer „menschlicheren“ Radioonkologie leite sich aus der Perspektive der Ärztinnen und Ärzte ab und stellt die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bis 2030 sollen Arbeitszeitmodelle geschaffen werden, die es erlauben, beide Lebensbereiche besser zu kombinieren.

„Die Herausforderungen für die Zukunft sind groß und wir müssen konsequent daran arbeiten, wenn wir alle formulierten Ziele in den nächsten acht Jahren erreichen wollen. Die DEGRO ist als zukunftsgewandte Fachgesellschaft bereit, die Aufgaben anzugehen, und ich glaube, wir sind bereits auf einen sehr guten Weg“, erklärt DEGRO-Präsidentin Prof. Dr. Cordula Petersen auf dem Jahreskongress in Stuttgart.

DEGRO-Pressestelle
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