DEGRO-Kongress 2025: Weitere Optimierungen der Strahlentherapie führen zu besseren Therapieergebnissen

20.06.2025 – Die auf dem heutigen „Presidential Symposium“ des 31. DEGRO-Kongresses vorgestellten Studien demonstrieren radioonkologische Fortschritte, die perspektivisch zu besseren Therapieergebnissen führen könnten: Die Anwendung einer definitiven bildgestützten Radiochemotherapie beim fortgeschrittenen Zervixkarzinom konnte das Überleben erhöhen und die Rückfallrate senken. Mithilfe einer KI-basierten Methode zur Berechnung konnte in einer weiteren Studie das Zielvolumen bei Hirntumoren reduziert werden, was perspektivisch die Strahlentherapie deutlich nebenwirkungsärmer machen könnte. Besonderes Aufsehen erregte auch eine radiobiologische Arbeit: Sie entdeckte ein Therapietarget zur Senkung der kardialen Toxizität nach Bestrahlung des Thorax, z. B. bei Brustkrebs.

Personalisierung und zielgerichtete Therapien haben maßgeblich zum Erfolg der modernen Krebstherapie beigetragen. Dass auch die Personalisierung der Strahlentherapie deutliche Vorteile im Hinblick auf die Therapieergebnisse bringt, zeigt aktuell die EMBRACE-II-Studie zum lokal fortgeschrittenen Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom). Heute präsentierte Prof. Dr. Maximilian Schmid, Wien, auf dem DEGRO-Kongress die Gesamtergebnisse der internationalen, prospektiven, multizentrischen interventionellen Kohortenstudie.

EMBRACE II: besseres Therapieergebnis bei Gebärmutterhalskrebs dank modernster Strahlentherapie
Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium kommt nur für wenige Frauen eine Operation infrage, die Standardbehandlung ist seit Jahren die Radiochemotherapie. Diese lässt sich aber durch moderne Techniken weiter verbessern, wie die vorgestellte EMBRACE-II-Studie zeigte: Untersucht wurde die Anwendung einer definitiven bildgestützten Radiochemotherapie. Durch eine adaptive Zielvolumen-Definition für die Brachytherapie, die an das individuelle Therapieansprechen angepasst wurde, konnten besonders kleine Sicherheitssäume und strenge Dosisvorgaben im gesunden Gewebe realisiert werden. Daten von 1.482 Patientinnen (T1–4/N0–1/M1PAO/ING) aus 49 Zentren (2016–2021) wurden erhoben. Das Therapieprotokoll umfasste eine Kombination aus intensitätsmodulierter und bildgeführter Radiotherapie (IMRT + IGRT: 1,8 bis 45 Gy) mit LK-Boost (SIB), Chemotherapie (Cisplatin 40 mg/m2 wöchentlich) und anschließender MRT-gestützter Brachytherapie. Bei mehr als zwei suspekten Lymphknoten oder Lymphknoten im Bereich der Art. iliaca comm. erfolgte eine elektive paraaortale Bestrahlung. Zudem war eine systematische Nachsorge im Studienprotokoll vorgesehen. In der Studie wurden die Nebenwirkungen erhoben, die 3- und 5-Jahres-Daten zu Rezidiven und Überleben wurden mittels Kaplan-Meier-Methode berechnet. Schwere gastrointestinale, urogenitale oder vaginale Nebenwirkungen traten nur bei 1 % der Patientinnen auf.

„Das EMBRACE-II-Behandlungsprotokoll, das moderne Strahlentherapietechniken mit einer Chemotherapie kombinierte, erwies sich als wirksam bei gleichzeitig geringen Toxizitätsraten. Das Behandlungsprotokoll sollte den neuen Behandlungsstandard für lokal fortgeschrittenen

Gebärmutterhalskrebs darstellen, insbesondere bei Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko“, erklärte Prof. Dr. Mechthild Krause, Dresden, eine der drei diesjährigen DEGRO-Kongresspräsidentinnen.

Vielversprechender biologischer Ansatz zur Schonung des Herzes bei Bestrahlung des Brustkorbs
Klinisch relevante strahlenbedingte Schäden am Herz können nach der Bestrahlung von Lungentumoren, der Brust/Brustwand bei Brustkrebs oder auch des Mediastinums bei Lymphomen auftreten. Es kann in der Folge zu koronarer Herzkrankheit, Klappenerkrankungen oder auch strahlenbedingter Dysfunktion kommen. Dieses Risiko limitiert den Einsatz der ansonsten höchst effektiven Strahlentherapie. Eine aktuell auf dem DEGRO-Kongress von Dr. Jannek Brauer, Heidelberg, vorgestellte Arbeit identifizierte den Signalweg für die strahlenbedingte kardiale Inflammation, die über Fibrosierung zu den Folgeerkrankungen führen kann. GBP5 (Guanylat-bindendes Protein 5) wurde als strahlenspezifisches Gen identifiziert, das in vitro und in vivo nach Bestrahlung hochreguliert wird. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Bildung des NLRP3-Inflammasoms, eines Komplexes, der für die Freisetzung entzündungsfördernder Zytokine, darunter IL-1β und IL-18, verantwortlich ist. In der aktuellen, tierexperimentellen Arbeit wurde ein Knock-out-Modell untersucht. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Unterbrechung des Signalwegs die myokardiale Inflammation deutlich reduzierte und GBP5 somit ein Therapietarget darstellt, um das Herz vor Schäden nach einer Strahlentherapie zu schützen.

„Wir sehen hier einen vielversprechenden strahlenbiologischen Ansatz für eine Supportivtherapie, die kardiale Nebenwirkungen minimieren und den Einsatz der Strahlentherapie erweitern könnte. Spätfolgen der Tumortherapie können möglicherweise so insbesondere bei Patientinnen und Patienten weiter reduziert werden, die durch die hochwirksame Therapie geheilt werden können. Dies spielt für die Lebensqualität auch Jahre und Jahrzehnte nach der erfolgreichen Therapie eine wichtige Rolle. Auch Patientinnen und Patienten, deren Tumoren wir im Moment aus Sorge vor Herzerkrankungen nicht ausreichend intensiviert bestrahlen, könnten dann die bestmögliche Krebstherapie erhalten“, erklärte Kongresspräsidentin Prof. Dr. Andrea Wittig-Sauerwein, Würzburg.

KI-basierte Zielvolumenkonturierung bei malignen Gliomen
Auch eine weitere Studie zeigte, wie radioonkologische Therapieinnovationen den Betroffenen zugutekommen können. So ist es gerade für die Strahlentherapie von bösartigen Hirntumoren essenziell, den Tumor möglichst genau vom gesunden Gewebe abzugrenzen und Letzteres zu schonen. Je weniger gesundes Gehirngewebe in Mitleidenschaft gezogen wird, desto weniger Therapiefolgen treten auf. Die sogenannte Konturierung ist somit ein wichtiger, aber auch zeitaufwendiger Arbeitsschritt – und Fehler können das Therapieergebnis stark beeinträchtigen.

PD Dr. Florian Putz, Erlangen, stellte heute in Dresden die Entwicklung und Validierung einer neuen KI-basierten Methode zur automatischen Zielvolumenkonturierung bei malignen Gliomen vor. Wie sich im Ergebnis zeigte, konnte die KI-basierte Methode die Konturierung bedeutsam verbessern und durch eine präzisere Berücksichtigung neuroanatomischer Strukturen das klinische Zielvolumen signifikant gegenüber der manuellen Methode reduzieren. Eine prospektive Evaluation der neuen KI-basierten Autokonturierungsmethode soll nun im Rahmen der GlioAI-Studie erfolgen. „Bei der vorgestellten Studie handelt es sich um eine wegweisende Arbeit, die eindrucksvoll demonstriert, wie wir mithilfe von KI die Dosis präziser im Tumorgewebe applizieren und umliegendes Gewebe schonen können. Auf diese Weise erreichen wir mehr Wirkung bei weniger Nebenwirkungen“, betonte Kongresspräsidentin Prof. Dr. med. Dr. Esther Troost, Dresden.

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