Körperstereotaktische Bestrahlung bei nichtkleinzelligem Lungenkarzinom: Versorgungsforschung verbessert radioonkologische Behandlung
Berlin, Dezember 2017 – Die körperstereotaktische Bestrahlung (SBRT) setzen Radioonkologen unter anderem zur Therapie des nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms und zur Bestrahlung von Lungenmetastasen ein. Seit 2011 analysiert und bewertet die Arbeitsgruppe Stereotaxie der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) die Methode und baute weltweit einzigartige Registerstudien auf. Die Ergebnisse der AG zeigen, dass mit der stereotaktischen Bestrahlung nach zwei Jahren die Kontrolle von Lungentumoren sehr gut ist und zudem das Gesamtüberleben der Patienten steigt. Auch konnten zahlreiche Ergebnisse abgeleitet werden, welche die SBRT in der Praxis weiter verbessern.
Die Stereotactic Body Radiation Therapy, abgekürzt SBRT, ist eine noch junge Methode der Radioonkologie. Mit der SBRT können Radioonkologen eine präzise und intensive Bestrahlung in wenigen ambulanten Behandlungssitzungen durchführen – die Methode wird daher auch als Radiochirurgie bezeichnet, in Anlehnung an die operative Entfernung der Tumore. Voraussetzung dafür ist ein relativ kleiner, klar abgrenzbarer Befund. „Mit der stereotaktischen Bestrahlung erreichen wir nicht nur eine hohe lokale Tumorkontrolle, die Patienten vertragen die Behandlung auch sehr gut“, erklärt Professor Dr. med. Matthias Guckenberger, Direktor der Klinik für Radio-Onkologie am UniversitätsSpital Zürich und Leiter der DEGRO-Arbeitsgruppe Stereotaxie. „Die SBRT hat sich analog zu anderen technischen und klinischen Fortschritten in der Radioonkologie rasant weiterentwickelt. Viele Details der klinischen Praxis sind jedoch noch nicht standardisiert“, gibt Guckenberger zu bedenken. Das sei der Impuls für die Gründung der DEGRO-AG Stereotaxie gewesen. „Nur wenn wir die SBRT anhand von Patientendaten systematisch erforschen und evaluieren, können wir eine breite und sichere Anwendung der Therapie gewährleisten“, so der Radioonkologe.
Die Arbeitsgruppe befasst sich seit 2011 mit der SBRT beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom, dem NSCLC (non small cell lung cancer) im frühen Stadium. Das NSCLC ist mit 80 Prozent der diagnostizierten Fälle die häufigste Lungenkrebsform. Zentren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligten sich an der Analyse. Sie speisten Patientendaten in das Register, sodass die Forscher eine Vielzahl an Behandlungsdaten auswerten konnten. „Die Details der SBRT wurden an den einzelnen beteiligten Zentren unterschiedlich praktiziert, einen klar definierten Behandlungs-Standard gab es nicht in allen technischen Fragen. Die Analyse der AG-Datenbank erlaubte es uns, wichtige Details zur optimalen Praxis der SBRT herauszuarbeiten und entsprechende Behandlungsempfehlungen zu erstellen“, erklärt Guckenberger.
„Auch bei der Behandlung von Lungenmetastasen, der häufigsten Anwendung der SBRT, hat uns die Registerstudie wertvolle Hinweise geliefert“, ergänzt Professor Stephanie E. Combs, Direktorin der Klinik und Poliklinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie am Universitätsklinikum der Technischen Universität München (TUM). Die 2012 initiierte retrospektive Registerstudie zur Lungenkrebsbestrahlung von Oligometastasen – das sind Metastasen des Tumors an wenigen Stellen im Körper – zeigte, dass nach 14 Monaten bei über 80 Prozent der Patienten die Tochtergeschwulste kontrolliert werden konnten, was zu einem Gesamtüberleben von 54 Prozent führte. „Der wichtigste Einflussfaktor auf die lokale Tumorkontrolle war bei den Lungenmetastasen wie beim frühen NSCLC die Bestrahlungsdosis“, betont Combs, Pressesprecherin der DEGRO. Das Gesamtüberleben hingegen hing vom Ausmaß der Oligometastasierung, dem Allgemeinzustand des Patienten und der Zeitspanne zwischen Erstdiagnose und Metastasierung ab.
Die Radioonkologen haben mit der Analyse der Patientendaten zudem ein weiteres Instrument entwickelt, das bei einer besonders wichtigen Frage die Therapieentscheidung lenkt: Welcher Patient profitiert von einer SBRT? „Auf der Basis der DEGRO-AG-Stereotaxie-Datenbank können wir grafische Darstellungen erzeugen, sogenannte Nomogramme, mit denen wir das Gesamtüberleben abschätzen können “, erklärt Guckenberger. Arzt und Patient erhalten damit eine weitere Entscheidungshilfe bei der Frage, welche Behandlungsstrategie gewählt werden soll und welche den größten Nutzen für den Patienten bringt.
Literatur:
Guckenberger M: Versorgungsforschung in der Radioonkologie am Beispiel der Körperstereotaxie. Erfahrungen der DEGRO AG Stereotaxie. Der Onkologe. November 2017, Volume 23, Issue 11, pp 918–923. DOI: 10.1007/s00761-017-0276-9. https://www.springermedizin.de/versorgungsforschung-in-der-radioonkologie-am-beispiel-der-koerp/14214682
Zur Strahlentherapie:
Die Strahlentherapie ist eine lokale, nicht-invasive, hochpräzise Behandlungsmethode mit hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie die Computer- oder Magnetresonanztomografie ermöglichen eine exakte Ortung des Krankheitsherdes, sodass die Radioonkologen die Strahlen dann zielgenau auf das zu bestrahlende Gewebe lenken können. Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont.
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