Patientinnen mit Krebsvorstufe DCIS profitieren von Strahlentherapie Radioonkologen empfehlen: Gleich nach der ersten Operation bestrahlen
Berlin, Februar 2014 – Die Behandlung von nicht-invasivem Brustkrebs – also von Krebszellen, die auf ihren Ursprungsort begrenzt sind und sich noch nicht im Körper ausgebreitet haben –-rückt im klinischen Alltag durch das Mammographie-Screening/die Brustkrebsvorsorge zunehmend in den Fokus. Aus dem sogenannte Duktalen Carcinoma in situ (DCIS), oft als Krebsvorstufe bezeichnet, kann sich ein bösartiger Tumor entwickeln, daher ist eine operative Behandlung notwendig. Diese erfolgt meist brusterhaltend. Eine Strahlentherapie wird derzeit nicht immer durchgeführt. Studien zeigen jedoch, dass eine Bestrahlung das Rückfallrisiko deutlich senkt, wie die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) mitteilt. In einer aktuellen Ergänzung ihrer ursprünglich 2007 verfassten Leitlinie zur Radiotherapie des Mammakarzinoms empfiehlt sie daher eine Bestrahlung aller DCIS-Patientinnen – auch solcher aus der Niedrig-Risiko-Gruppe.
„Bei der Hälfte der Erkrankungsrückfälle handelt es sich um invasive Karzinome“, betont Professor Dr. med. Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim, der als Mitglied der DEGRO-Organgruppe Mamma an der Erarbeitung der Leitlinien-Ergänzung beteiligt war. Auch das Risiko eines nicht-invasiven Rezidivs sei bei Patientinnen, die sich nach der ersten Operation einer Radiotherapie unterzogen hätten, deutlich niedriger. „Die Bestrahlung halbiert die Rezidivrate und verringert das Risiko einer Entwicklung vom DCIS zu invasiven Karzinomen. Insofern verbessert sie für viele betroffene Frauen die Chancen, keinen Rückfall zu erleiden und auch langfristig/dauerhaft die Brust erhalten zu können“, verdeutlicht Professor Wenz.
Die neue Leitlinie der DEGRO stützt sich auf zahlreiche Studien und Metaanalysen zum Thema nicht-invasiver Brustkrebs und DCIS. Eine im November 2013 veröffentlichte Arbeit von Wissenschaftlern um die Niederländerin Mila Donker kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie die medizinische
Fachgesellschaft: Über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren beobachteten die Forscher mehr als 1000 Frauen, denen ein DCIS in einer Größe von weniger als fünf Zentimetern operativ entfernt worden war. Die Hälfte der Patientinnen hatte nach dem Eingriff eine Strahlentherapie erhalten, die andere Hälfte nicht. Ergebnis: Die Bestrahlung reduzierte das Risiko eines Lokalrezidivs, eines örtlichen begrenzten Rückfalls, um 48 Prozent.
Die Experten der DEGRO-Organgruppe Mamma stellen in der Leitlinie fest, dass von einer postoperativen Strahlentherapie Frauen aller Altersgruppen profitieren. Bei jüngeren Patientinnen sei das Risiko eines Lokalrezidivs höher als bei Frauen jenseits der Wechseljahre, erklären sie. Aus den vorliegenden Daten sei zu schließen, dass bei Jüngeren eine Boost-Radiotherapie sinnvoll sein könne – dabei handelt es sich um eine zusätzliche, höher dosierte Bestrahlung der Körperstelle, an der sich der Tumor befand. „Weitere Forschung wäre hier sinnvoll“, sagt Professor Wenz. Denn in den S3-Leitlinien zum Mammakarzinom wird eine Boost-Therapie bei DCIS bisher nicht empfohlen.
„Kommt es nach einer brusterhaltenden Operation zum Rückfall, folgt fast immer eine Mastektomie, also die Amputation der Brust“, erklärt DEGRO-Präsident Professor Dr. med. Michael Baumann. „Vielen Frauen könnte dies erspart bleiben, wenn zukünftig schon nach der ersten Operation bestrahlt würde“, fasst der Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Dresden zusammen.
Literatur:
Souchon, R. et al: „DEGRO practical guidelines: radiotherapy of breast cancer II“, in: Strahlentherapie und Onkologie, Vol. 190, Iss. 1, 2014, DOI 10.1007/s00066-013-0502-3
Donker, M. et al: „Breast-Conserving Treatment With or Without Radiotherapy in Ductual Carcinoma In Situ“, in: Journal of Clinical Oncology, Vol. 31. Iss. 32, November 2013, DOI 10.1200/JCO.2013.49.5077
Zur Strahlentherapie:
Die Strahlentherapie ist eine lokale, nicht-invasive, hochpräzise Behandlungsmethode mit hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie die Computer- oder Magnetresonanztomografie ermöglichen eine exakte Ortung des Krankheitsherdes, sodass die Radioonkologen die Strahlen dann zielgenau auf das zu bestrahlende Gewebe lenken können. Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont.
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