Berlin/Kiel, August 2012 – SIEMENS baut hochmoderne Anlagen für die Strahlentherapie mit Protonen und Ionen, die erfolgreich eingesetzt werden, um Krebspatienten zu behandeln. Die Anlage am Universitätsklinikum in Kiel war weitgehend fertig gestellt und ein erster Probebetrieb im Oktober 2011 erfolgreich verlaufen, als der Vertrag zwischen SIEMENS und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein auf Initiative der Firma im Dezember 2011 aufgehoben wurde. Das Kaufangebot eines Investors über fast 100 Millionen Euro lehnt SIEMENS bislang ab. Die Zerstörung einer fast fertigen Hochleistungsanlage ist ein weltweit einmaliger Vorgang und aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) nicht zu rechtfertigen. Die Strahlentherapie ist eine sehr effektive Methode zur Krebsbehandlung. Als Strahlenarten werden konventionell Röntgen- und Elektronenstrahlung eingesetzt. Die Strahlenbehandlung mit Protonen und Ionen, auch Partikeltherapie genannt, ist bislang nur an wenigen Zentren verfügbar. „Die Methode ist bereits jetzt für einzelne Krebserkrankungen die Methode der ersten Wahl“, erklärt Professor Dr. Jürgen Dunst, Präsident der DEGRO und Direktor der Klinik für Strahlentherapie am Universitätsklinikum in Lübeck. „Ihre Bedeutung wird weiter zunehmen.“ In Deutschland stehen entsprechende Therapiemöglichkeiten bisher nur in Heidelberg (Therapie mit Protonen und Kohlenstoffionen) und München (nur Protonentherapie) zur Verfügung. Vor etwa acht Jahren startete SIEMENS sein Engagement in diesem Therapiefeld. Vier Projekte mit unterschiedlichen Partnern starteten. Wesentliche Teile dieser Technologie wurden in Deutschland mit öffentlichen Mitteln gefördert und entwickelt – unter anderem bei der GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH in Darmstadt. Ein vom der GSI und SIEMENS erbauter Prototyp wird seit 2009 erfolgreich in Heidelberg im klinischen Betrieb eingesetzt. Zwei weitere Anlagen hat SIEMENS in Marburg und Kiel gebaut, eine dritte in Shanghai befindet sich noch im Aufbau. Die Anlage in Marburg hat am 6. Dezember 2011 vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Betriebsgenehmigung erhalten. Sie ist CE-zertifiziert und damit ein zugelassenes Medizinprodukt, das eine Behandlung von Krebspatienten nach höchsten medizinischen Standards ermög-licht. Nach den bisherigen Planungen der Firma SIEMENS soll sie später ebenfalls abgebaut werden. Wirtschaftliche Aspekte Da die von den deutschen Krankenkassen gewährte Vergütung für eine Partikeltherapie in Deutschland wesentlich niedriger als in allen anderen Ländern ist, wollten alle Anbieter (auch SIEMENS) dies durch eine entsprechend höhere Leistungsfähigkeit der Anlagen ausgleichen. Als sich ungefähr im Jahr 2010 abzeichnete, dass die in Marburg und Kiel vertraglich zugesicherte Leistungsfähigkeit nicht erreicht werden würde, stieg SIEMENS aus den Verträgen mit Marburg und Kiel aus. Wird Krebstherapieanlage nun demontiert? Das Angebot eines Investors in Höhe von fast 100 Millionen Euro für den Erwerb der Anlage hat SIEMENS bisher abgelehnt. Die Firma verzichtet damit nicht nur auf die Kaufsumme sondern, trägt auch die Kosten einer weltweit einmaligen Demontage einer Therapieanlage. Professor Dunst fasst zusammen: „SIEMENS nimmt damit auch Nachteile für den Forschungsstandort Deutschland und zukünftige Einschränkungen in der Behandlung von Krebspatienten in Kauf.“ Zur Strahlentherapie: Die Strahlentherapie ist eine lokale, nicht-invasive, hochpräzise Behandlungsmethode mit hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie die Computer- oder Magnetresonanztomografie ermöglichen eine exakte Ortung des Krankheitsherdes, sodass die Radioonkologen die Strahlen dann zielgenau auf das zu bestrahlende Gewebe lenken können. Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont. Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.
Berlin, Juni 2012 – Die Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie kann einen Speiseröhrenkrebs, medizinisch Ösophaguskarzinom genannt, vor der Operation so weit verkleinern, dass der Chirurg den Tumor anschließend vollständig entfernen kann. Eine Studie aus den Niederlanden weist jetzt erstmals nach, dass diese Radiochemotherapie auch die Überlebenszeit der Betroffenen verlängert. Die Behandlung kommt nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) für Patienten infrage, die sich in einem guten Allgemeinzustand befinden und bei denen Voruntersuchungen eine erfolgreiche Operation versprechen.
In Deutschland erkranken pro Jahr 6000 Menschen neu an einem Ösophaguskarzinom. „Da sich die Speiseröhre im Brustkorb hinter Herz und Lungen befindet, sind Krebsoperationen technisch sehr anspruchsvoll“, berichtet Professor Dr. med. Jürgen Dunst, Präsident der DEGRO und Direktor der Klinik für Strahlentherapie an der Universität Lübeck. Nicht immer gelinge es, den Tumor operativ komplett zu entfernen. „In etwa einem Drittel der Fälle findet der Pathologe bei der feingeweblichen Nachuntersuchung noch Krebszellen im Randbereich des herausoperierten Tumors“, erläutert Professor Dunst. Daraus könnte sich erneut Krebs entwickeln, und die Überlebenszeiten verkürzten sich.
Bestrahlungen kombiniert mit einer Chemotherapie können den Tumor vor der Operation verkleinern und die Heilungschancen der OP verbessern. Die Radiochemotherapie vor der Operation stellt allerdings eine zusätzliche Belastung für den Patienten dar. Wegen möglicher Risiken wird diese Therapie bisher selten eingesetzt. Bei moderner Behandlungstechnik kann diese Radiochemotherapie die Heilungschance aber erheblich verbessern. Wesentliche Risiken sind nicht zu befürchten. Dies bestätigt eine Studie aus den Niederlanden, die jüngst in der Zeitschrift The New England Journal of Medicine erschienen ist: Während eine Hälfte der Patienten ausschließlich operiert wurde, erhielt die andere Hälfte über fünf Wochen vor der Operation eine Strahlenbehandlung. Gleichzeitig erhielten die Patienten die Medikamente Carboplatin und Paclitaxel. Diese Zytostatika bremsen das Zellwachstum und verstärken die Strahlenwirkung in Tumorzellen. „Diese Kombinationstherapie ist für die Betroffenen zwar anstrengend“, sagt Professor Dr. med. Frederik Wenz, Mediensprecher der DEGRO und Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim. Die meisten Studienteilnehmer vertrugen die Radiochemotherapie aber gut. „Fast alle Patienten konnten den Therapieplan einhalten“, berichtet Professor Wenz. Auf diese Weise konnte der Tumor in 92 Prozent der Fälle komplett entfernt werden, ein deutlicher Anstieg gegenüber der Vergleichsgruppe mit alleiniger Operation, bei der dies nur bei 69 Prozent möglich war. Bei fast jedem dritten Patienten waren nach der Radiochemotherapie im Tumor keine überlebenden Tumorzellen mehr nachweisbar, hebt der Experte aus Mannheim hervor.
Durch die Radiochemotherapie wurde die Überlebenszeit der Patienten wesentlich verlängert (im Mittel von zwei auf vier Jahre), und auch die Langzeit-Heilungsrate stieg an. Die Häufigkeit von Operationskomplikationen war in beiden Gruppen gleich. Ein Vorteil durch die Radiochemotherapie bestand sowohl beim Plattenepithelkarzinom, der häufigsten und vor allem durch Alkohol und Rauchen verursachten Variante des Speiseröhrenkrebses, als auch beim Adenokarzinom, einer möglichen Spätfolge eines jahrelangen Sodbrennens.
Allerdings kommt die Radiochemotherapie vor der Operation nur für Patienten infrage, die körperlich belastbar sind und aufgrund ihres Krebsleidens nicht mehr als zehn Prozent des Körpergewichts verloren haben. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören Erschöpfung, Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle, aber auch Schmerzen oder Schwierigkeiten beim Schlucken. Professor Wenz: „Auch die Funktion von Nieren, Leber und Lungen müssen intakt und die Blutwerte normal sein.“
„Beim Speiseröhrenkrebs sind die Heilungsaussichten oft nicht gut“, fasst Professor Dunst zusammen, „aber die vorbereitende Radiochemotherapie bietet doch für zahlreiche Patienten eine Chance, den Krebs langfristig zu überleben.“
Zur Strahlentherapie:
Die Strahlentherapie ist eine lokale, nicht-invasive, hochpräzise Behandlungsmethode mit hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie die Computer- oder Magnetresonanztomografie ermöglichen eine exakte Ortung des Krankheitsherdes, sodass die Radioonkologen die Strahlen dann zielgenau auf das zu bestrahlende Gewebe lenken können. Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont.
Literatur:
Van Hagen P, Hulshof MC, van Lanschot JJ et al. Preoperative chemoradiotherapy for esophageal or junctional cancer. N Engl J Med. 2012; 366: 2074–84
Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.