Schonende Behandlung bei fortgeschrittenem Krebs: Lebermetastasen werden stereotaktisch bestrahlt und zerstört 

Schonende Behandlung bei fortgeschrittenem Krebs: Lebermetastasen werden stereotaktisch bestrahlt und zerstört

Berlin, März 2016 – Tumore in der Leber, zu denen es bei vielen Krebserkrankungen kommt, können mit einer stereotaktischen Bestrahlung zielgenau zerstört werden. Den Patienten bleiben die Strapazen einer Operation erspart und die Behandlung ist schonender als eine Radiofre­quenztherapie, bei der eine Sonde in die Leber eingeführt werden muss. Neue Studienergebnisse sprechen nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) für einen brei­ten Einsatz der vergleichsweise kostengünstigen stereotaktischen Bestrahlung.

Die Leber ist ein häufiger Ort für Metastasen. Vor allem Lungen-, Darm- und Brustkrebs streuen zu­nächst in das zentrale Stoffwechselorgan. „Die Krebserkrankung kann dann in aller Regel nicht mehr geheilt werden. Doch die Entfernung einzelner Metastasen bietet vielen Patienten die Aussicht auf eine längere krebsfreie Periode“, sagt Professor Dr. med. Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim und Pressesprecher der DEGRO. Lange Zeit war hierzu eine Bauchoperation notwendig. In den letzten Jahren haben Medi­ziner jedoch nicht-chirurgische Methoden entwickelt. Eine häufige Variante ist die Radiofrequenz­therapie. Dabei schiebt der Operateur eine Sonde durch die Bauchdecke in Richtung Metastasen und zerstört sie mit der erwärmten Sondenspitze.

Eine „berührungsfreie“ Alternative ist die sogenannte konformale Radiotherapie, die vom Heidel­berger Strahlentherapeuten Professor Dr. med. Klaus Herfarth in Deutschland eingeführt wurde. „Wir bestrahlen die Leber punktgenau aus verschiedenen Richtungen“, erläutert Professor Herfarth, stell­vertretender Ärztlicher Direktor, Klinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie am Universitätskli­nikum Heidelberg: „Die Metastase befindet sich im Brennpunkt der Strahlen und erhält eine tödliche Dosis, während das normale Lebergewebe sehr gut geschont werden kann.“ Im Unterschied zur Ra­diofrequenztherapie kann der Arzt mit der stereotaktischen Bestrahlung auch größere Metastasen zer­stören. Professor Wenz: „Während die Radiofrequenztherapie die besten Ergebnisse bei einem Durch­messer von unter zwei Zentimeter erzielt, können mit der Strahlentherapie Metastasen von einer Größe von fünf Zentimeter oder größer erfolgreich behandelt werden.“

Der DEGRO-Experte verweist auf eine kürzlich im Journal of Clinical Oncology veröffentlichte US-Studie. Bei Patienten mit Metastasen größer als zwei Zentimetern, die eine Radiofrequenztherapie er­halten hatten, wuchs der Krebs dreifach häufiger nach als bei Patienten, die bestrahlt worden waren. Die Radiofrequenztherapie-Patienten hatten zudem häufiger Komplikationen: Einige Patienten erlitten einen Pneumothorax, also einen Kollaps der Lunge nach Eintritt von Luft ins Rippenfell, eine Darm­perforationen oder eine Blutvergiftung.

Auch die Radiotherapie ist mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Leberschäden oder Darm­blutungen sind in seltenen Fällen möglich. „Die meisten Patienten erholen sich jedoch nach kurzer Zeit“, versichert Professor Herfarth. Eine Behandlungsserie aus Kanada, die jetzt im International Journal of Radiation Oncology Biology Physics veröffentlicht wurde, ergab, dass die Patienten nach der Bestrahlung kleinerer Tumoren keine Einschränkung der Lebensqualität haben. Professor Wenz: „Bei größeren Metastasen kann es zu Appetitverlust und einer Abgeschlagenheit kommen, von der sich die Patienten jedoch in den meisten Fällen innerhalb von ein bis drei Monaten erholen.“ Die rasche Erholung sei ein wichtiger Gewinn für Patienten in einem fortgeschrittenen Stadium einer Krebserkrankung, ergänzt der DEGRO-Pressesprecher, und spreche ebenfalls für die stereotaktische Bestrahlung bei Lebermetastasen.

 

 

Literatur:

Wahl DR, Stenmark MH, Tao Y, Pollom EL, Caoili EM, Lawrence TS, Schipper MJ, Feng M. Outcomes After Stereotactic Body Radiotherapy or Radiofrequency Ablation for Hepatocellular Carcinoma.J Clin Oncol. 2015 Nov 30. pii: JCO614925. Abstract: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26628466

Klein J, Dawson LA, Jiang H, Kim J, Dinniwell R, Brierley J, Wong R, Lockwood G, Ringash J.Prospective Longitudinal Assessment of Quality of Life for Liver Cancer Patients Treated With Stereotactic Body Radiation Therapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2015; 93: 16–25.

Abstract: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26279020

Herfarth KK1, Hof H, Bahner ML, Lohr F, Höss A, van Kaick G, Wannenmacher M, Debus J.Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2003 Oct 1;57(2):444–51.Assessment of focal liver reaction by multiphasic CT after stereotactic single-dose radiotherapy of liver tumors.

Herfarth, K. K., J. Debus, F. Lohr, M. L. Bahner, B. Rhein, P. Fritz, A. Höss, W. Schlegel and M. F. Wannenmacher (2001). „Stereotactic single dose radiation therapy of liver tumors: results of a phase I/II trial.“ J Clin Oncol 19: 164–170.