Zürich 9 Dezember 2016: Symposium zur Oligo-Metastasierung ein großer Erfolg
Die Kliniken für Radioonkologie der Universitätsspitäler Zürich (Prof. M. Guckenberger) und Freiburg im Breisgau (Prof. A. Grosu) sowie das Comprehensive Cancer Center Zürich (Prof. R. Stahel) hatten am 9. Dezember zu einem Symposium mit dem Titel „Oligo-Metastasierung als Chance zur Kombination von zielgerichteter lokaler und systemischer Therapie“ eingeladen. Obwohl Patienten mit einer Oligo-Metastasierung heute (noch) nur einen geringen Anteil der täglichen onkologischen und radioonkologischen Praxis ausmachen, so konnte das Symposium dennoch mehr als 160 Teilnehmer anlocken – ein großer Erfolg. Das Symposium war charakterisiert durch eine umfassende Darstellung dieses Themas aus den Gesichtspunkten der Biologie, internistischen Onkologie, Radioonkologie sowie Chirurgie und verdeutlichte eindrücklich die Notwendigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit um diesem komplexen Thema gerecht zu werden.

Die Vorträge des Symposium zum Download
Programm Symposium Oligo-Metastasierung
- Einführung - Prof. Guckenberger
- Aktuelle biologische Mechanismen der Metastasierung - Prof. Wikman
- Mechanismen intrinsischer und extrinsischer Resistenz - Prof. Dummer
- Kranielle versus extrakranielle Metastasierung - Anna Sophie Berghoff, MD, PhD
- Stereotactic Radiosurgery for 5 of more Brain Metastases - Prof. Petersen
- Only the tip of the iceberg – can we predict true oligometastatic disease? - Prof. Flentje
- SBRT for oligoprogressive disease - a new way of combined targeted RT and targeted drugs? - Prof. Ozsahin
- Interactions between SBRT and systemic targeted drugs – what do we know? - Dr. med. Brunner
- Alleinige Radiochirurgie und alleinige Systemtherapie - Prof. Guckenberger
- Langzeit-Palliation statt Heilung – SBRT von Wirbelsäulenmetastasen - PD Dr. med. Andratschke
- Körperstereotaxie bei oligo-metastasiertem Prostatakarzinom - Prof. Aebersold
- Interaktionsmechanismen zwischen Radiotherapie und Immuntherapie - PD Dr. med. Curioni
- Aktuelle Studienkonzepte zur Kombination von Radiotherapie und Immuntherapie - Prof. Budach
- Weitere Kombinationspartner der Immuntherapie - Prof. Stahel
- Wann kann auf eine Histologie verzichtet und bestrahlt statt operiert werden? - Prof. Guckenberger
- Offene versus thorakoskopische Operation – wie und warum entscheidet der Chirurg? - Prof. Weder
Die erste Sitzung wurde von Prof. M. Pruschy aus Zürich geleitet und beleuchtete aktuelle biologische Konzepte der Metastasierung und stellte die Frage, wie die Oligo-Metastasierung sowie die Oligo-Progression mit diesen Konzepten vereinbar ist. Dr. H. Wiking aus Hamburg stellte die komplexen Schritte der Metastasierung anschaulich dar: „nur ein kleiner Bruchteil der Tumorzellen, die Anschluss an das Blutsystem gewinnen, schafft es letztendlich eine Metastase zu bilden.“ Im Verlauf der metastasierten Erkrankung kommt es gemäß Prof. R. Dummer aus Zürich zu einer kontinuierlichen Veränderung der metastasierten Zellen. Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass es zu einer poly-clonalen Evolution der Metastasierung kommt: „lokale Therapiemassnahmen können dann einzelne Metastasierungsäste stoppen, die einer systemischen Therapie nicht mehr zugänglich sind – zukünftig gilt es diese Metastasen zu identifizieren um sie gezielt behandeln zu können.“ Dr. A. Bergmann aus Wien verdeutlichte dann die großen Unterschiede zwischen extra-cerebraler und cerebraler Metastasierung: „die Bluthirnschranke wird zwar durch Hirnmetastasen geschädigt und für systemische Medikamente durchlässig, das Ausmaß der Medikamentenkonzentration variiert aber stark zwischen einzelnen Metastasen und selbst innerhalb einer Metastase, was die weiterhin hohe Relevanz von lokalen Therapiemaßnahmen erklärt“.

Im Industrie-Symposium, das von der Firma Brainlab gesponsert wurde, zeigte Frau Prof. C. Petersen aus Hamburg eindrucksvoll die die aktuellen technischen Möglichkeiten moderner Radioonkologie, um auch multiple Hirnmetastasen präzise und effizient behandeln zu können.
Die zweite Sitzung, geleitet von Prof. M. Guckenberger, wurde von Prof. M. Flentje aus Würzburg eingeleitet: „Wir wissen, dass wir bei manchen oligo-metastatischen Patienten nur die Spitze des Eisberges sehen, da aktuelle und vermutlich auch zukünftige Bildgebung kleinste Metastasen nicht darzustellen kann. Dennoch kann bei verschiedensten Tumorentitäten nach radikaler lokaler Therapie von sogenannten Oligo-Metastasen ein konsistentes Langzeitüberleben von 20-30% erzielt werden.“ Prof. M. Özsahin aus Lausanne führte fort, dass der Begriff der Oligo-Metastasierung zu unspezifisch verwendet wird und insbesondere die Oligo-Progression differenziert werden muss: „Wenn z.B. das Lungenkarzinom nicht mehr auf eine zielgerichtete Systemtherapie anspricht, weil es in einer oder wenigen Metastasen zu einer Resistenzentwicklung gekommen ist, dann kann durch eine Eliminierung dieser Metastasen z.B. durch körperstereotaktische Bestrahlung die Sensitivität gegenüber der Systemtherapie wiederhergestellt werden. Eine innovative Form der Kombination von zielgerichteter lokaler und systemischer Therapie.“ Abschließend erinnerte Prof. T. Brunner aus Freiburg daran, dass wir leider noch zu wenig über mögliche Interaktionen von neuen medikamentösen Substanzen und stereotaktischer Strahlentherapie verstehen: „Registerstudien können und müssen hier Licht ins Dunkle bringen und eine solche prospektive Registerstudie wird durch die DEGRO AG Stereotaxie aktuell durchgeführt.“

In der dritten Sitzung führte Frau Prof. A. Grosu durch die Anwendung von stereotaktischer Bestrahlung bei drei häufigen klinischen Situationen. Prof. M. Guckenberger fasste den raschen Erkenntnisgewinn in der Behandlung von Hirnmetastasen zusammen: „Alleinige stereotaktische Radiochirurgie ohne Ganzhirnbestrahlung wird auch bei mehreren Hirnmetastasen zunehmend der Therapiestandard. Ebenso sei eine effektive Systemtherapie aktuell in den meisten klinischen Situationen nicht ausreichend um auf eine Evidenz-basierte gut verträgliche Lokaltherapie wie die Radiochirurgie verzichten zu können.“ PD. N. Andratschke aus Zürich legte den Stellenwert einer stereotaktischen Bestrahlung auch in palliativer Indikation dar: „Wir in Zürich überprüfen aktuell in einer randomisierte Phase II Studie (DOSIS), ob durch eine stereotaktische Bestrahlung von Wirbelsäulenmetastasen eine dauerhafte Schmerzkontrolle erreicht werden kann. Diese Studie ist in der DEGRO AG Stereotaxie angesiedelt.“ Prof. D. Aebersold aus Bern zeigte den zunehmenden Stellenwert der lokalen Radiotherapie auch bei nodal und extra-nodal metastasierten Prostata Karzinom Patienten, mahne aber zur sorgfältigen Überprüfung solcher Konzepte im Rahmen von klinischen Studien.

In der vorletzten Sitzung führte Prof. R. Stupp durch die das aktuelle Mega-Thema der Immuntherapie und die Möglichkeiten, die sich in diesem Feld für die Radioonkologie ergeben. Einleitend fasste PD. A. Curioni aus Zürich umfassend und anschaulich prä-klinische und klinische Daten zur Verstärkung von immunologischen Therapiekonzepten durch eine lokale Radiotherapie zusammen. Prof. W. Budach auch Düsseldorf hatte dann die undankbare Aufgabe, die allgemeine Euphorie zu bändigen: „Klinische Daten zur Kombination von Immuncheckpoint Inhibitoren und Radiotherapie gibt es leider noch sehr wenige und obwohl viele Studien initiiert worden sind, so müssen wir noch einige Jahre warten um zu wissen, ob es sich um einen Hype oder echte Hoffnung handelt.“ Abschließend zeigte Prof. R. Stahel den rasanten Fortschritt in der Behandlung des Lungenkarzinoms, der durch die aktuell verfügbaren Immuncheckpoint Inhibitoren erzielt wurde: „Und Kombinationsbehandlungen z.B. mit Chemotherapie und möglicherweise Strahlentherapie können diese Ergebnisse weiter verbessern.“


Die abschließende Sitzung, geleitet von Prof. F. Zimmermann aus Basel, hinterfragte die Behandlungskonzepte von Strahlentherapie und Chirurgie in der oligo-metastasierten Situation. Prof. M. Guckenberger konnte darlegen, dass in den meisten Situationen einer Oligo-Metastasierung und Oligo-Progression eine erneute Histologie und molekulare Analyse der Oligo-Metastasen ohne klinische Konsequenz bleibt, so dass die körperstereotaktische Bestrahlung eine sichere und effektive Therapieoption darstellt. Prof. W. Weder aus Zürich stellte zum Ende fest, dass eine thorakoskopische Metastasen Entfernung meist ausreichend ist: „Die Bildgebung ist heute so präzise geworden, dass auf eine Palpation der metastatischen Lunge verzichtet werden kann, ebenso wir auf eine elektive Lymphknotendissektion“.

Nach dem spannenden Symposium mit intensiver interdisziplinärer Diskussion bedankte sich Prof. M. Guckenberger bei allen Redner, den Organisatoren, Sponsoren und den Besuchern des Symposiums: „Wir haben die Chance, mit diesen innovativen Konzepten vielen unserer Patienten neue Hoffnung zu geben. Um keine falschen Hoffnungen zu machen müssen wir diese Konzepte aber sorgfältig wissenschaftlich untersuchen. Dieses Symposium hat hoffentlich einen kleinen aber relevanten Beitrag dazu geleistet.“